Von Vanguard bekam ich für einen Produkttest das Alta Pro 263AGH, die Kombination aus dem Stativ Alta Pro 263AT und dem Kugelkopf GH-100, zur Verfügung gestellt. Vielen Dank hierfür nochmals an Vanguard für das Bereitstellen! Da beide Einzelprodukte über viele Funktionen verfügen ist das Review zweigeteilt, eines über das Stativ selbst und eines über den Kugelkopf GH-100. Hier geht’s zum zweiten Teil.
Ein Mörderpaket! Bisschen groß und auch nicht gerade ein Leichtgewicht, das Paket. Ich war mir unsicher, ob es sich hier nicht um ein Verpackungsfail handelt oder ob das Alta Pro 263AGH wirklich so wuchtig daher kommt.
Das Auspacken brachte dann die Erkenntnis: Das Stativ mit Zubehör war schon verpackungsarm eingepackt worden. Es handelt sich also um ein echtes Kaliber von Stativ und nicht um kleines Plastikspielzeug. Ich schiele zu meinem bisherigen Stativ, dem Erno P-33, rüber und erkenne, dass Stativ nicht gleich Stativ ist. Jetzt habe ich die Erwachsenenversion in den Händen.
Das Alta Pro ist größer, ja auch etwas wuchtiger, aber gleichermaßen auch nicht so schwer wie ich erst dachte. Dank der Aluminiumlegierung ist es zwar nicht gerade ein Leichtgewicht, wie mein Plastikstativ, aber in Anbetracht des etwas größeren Eindrucks, den es macht, absolut in Ordnung.
Als Zubehör findet sich neben einer Stativtasche, in der auch der aufgeschraubte Kugelkopf reinpasst, eben jener Pistolengriff-Kugelkopf GH-100 und eine Anleitung.
Ich studiere erstmal die Bedienungsanleitung, die mehrsprachig und bebildert daherkommt. Bevor ich mich beim Ausprobieren der Funktionsmöglichkeiten zum Depp mache, gehe ich also auf Nummer sicher und lese mich ein. Jede Funktion des Stativs ist ausreichend erläutert und ich vollziehe alles Schritt für Schritt nach.
Ich stelle das Stativ erstmal hin und bemerke sofort was Stabilität heißt, da wackelt nichts! Selbst beim lockern, hochschieben und fest arretieren der Mittelsäule bewegt sich das Stativ nicht. Die Drehverschlüsse gehen relativ leicht auf und zu, ohne dass etwas knarzt oder man etwas überdreht, aber auch nicht so, dass man Angst haben muss, dass sich diese wieder lösen. Dank Bedienungsanleitung, weiß ich auch, wozu der kleine bronzefarbende Nippel am unteren Ende der sechskantigen Mittelsäule ist – reindrücken und die Mittelsäule bis zum Anschlag bzw. zur Stopplinie hochziehen. Dann kann man mit dem Lösen der seitlichen Schnellarretierung ISSL (Instant Swivel Stop-n-Lock) die Mittelsäule herausneigen und in eine beliebig, geneigte Position kippen. ISSL wieder zuschnappen lassen und den Mittelsäulendrehknopf festdrehen – und schon ist sie fest. Das geht wirklich sehr schnell und eingängig.
Wenn man möchte, kann man an den kleinen Haken, der aus der Mittelsäule herausziehbar ist, eine beliebiges Gewicht in Form einer Tasche, Rucksack, etc anhängen. Damit sollte auch das letzte Stück Stabilität gewährleistet sein, insbesondere wenn evtl. eine Schwerpunktverlagerung des Kugelkopfes bei maximaler, horizontaler Lage der Mittelsäule gegeben ist. Ich habe das einmal ausprobiert und die Mittelsäule auf den äußersten Anschlag quer gelegt und die Kamera (Nikon D90 mit 50mm 1.8) auf den Pistolengriff GH-100 montiert – das Stativ kippt nicht, selbst wenn man es leicht antippt. Wie es bei Bodies mit Batteriegriff und ‘nem 70-200mm 2.8 ausschaut, steht auf einem anderen Blatt, aber hierfür ist ja auch der Haken für zusätzliches Gewicht da. Grundsätzlich hält es laut Datenblatt 7kg.
Noch ein Wort zur Mittelsäule in “normaler”, vertikaler Position: Dreht man an der Stellschraube zum Lösen, fällt die Mittelsäule (fast) geräuschlos und gedämpft nach unten, dank eines stoßdämpfenden Ringes unterhalb des Kameraaufsatzes. Ich würde das trotzdem nicht mit aufgesetzter Kamera ausprobieren, aber falls man mal im Ernstfall unüberlegt die Mittelsäule locker dreht, hat man hier noch einen zusätzlichen Schutz.
Das Stativ kann man auch an kalten Tagen unbeschwert aufstellen, denn der obere Bereich der Stativbeine ist umhüllt mit harten Schaumstoff, so dass man kein nacktes Metall anfassen muss. Die Beine lassen sich in drei Stufen bis zu einem gewissen Winkel (25°, 50° und 80°) fest ausklappen. Drückt man am oberen Teil des Stativbeines auf die “Press”-Buttons, wird der Klappmechanismus gelöst und man kann die Beine in die nächsthöhere Neigung bringen. Drückt man die Beine wieder zusammen hört man ein Einrast-Geräusch, der sich bemerkbar macht, dass man die 50° oder 25° Winkelstellung wieder erreicht hat. Praktische Geschichte.
Hat man den größtmöglichen Winkel von 80° eingestellt, liegt das Stativ nahezu auf dem Boden und es sind extreme Weitwinkel oder Makroaufnahmen aus Bodennähe möglich.
Öffnet man die Klemmverschlüsse, können die Beine problemlos, nicht zu leicht und nicht zu fest, herausgezogen werden. Dabei bemerke ich, dass bei der Konstruktion an viele Details gedacht wurde und diese auch intelligent eingebracht wurden. Die gummierten Füße können hoch- und runtergeschraubt werden, bis kleine Spikes zum Vorschein kommen, damit man auf unterschiedlichen Untergründen einen festen Stand hat.
Steht das Stativ mit ausgezogener Mittelsäule vor einem, dann muss ich mich mit meinen 1,83m schon etwas lang machen, um die Kamera auf den Pistolengriff zu setzen, der Kameraaufsatz ist dann in etwa auf Augenhöhe. Kein Vergleich zu meinem bisherigen Plastikstativ, bei dem die klitzekleine, wacklige Mittelsäule immer Angst hatte abzubrechen.
Die Kameraplatte ist rund und natürlich auf die Vanguard Produkte abgestimmt. Dennoch passt jeder übliche Kugelkopf auch hier drauf. Standardmäßig ist eine 1/4″ Schraube auf der Platte, kann aber mit der mitgelieferten 3/8″ Schraube überschraubt werden. Das ganz ist praktisch gelöst, die 3/8″ Schraube ist nahtlos in die Platte eingelassen und kann mittels beigelegtem Miniaturwerkzeug raus- und auf die 1/4″-Schraube raufgeschraubt werden. Superpraktisch! Unterhalb der Kameraplatte sind 3 kleine Imbusschrauben eingesetzt mit denen man den aufgesetzten (GH-100)-Kugelkopf fest arretieren kann. Ein kleiner Imbusschlüssel ist ebenfalls dabei. Unterhalb der Kameraplatte ist eine kleine Wasserwaage eingebaut, die ich allerdings für vernachlässigbar halte, da die meisten Kugelköpfe selbst über eine Wasserwaage verfügen und ich nicht davon ausgehe, dass man die Kamera nackt auf das Stativ montiert.
Wo Licht ist, da ist auch Schatten, daher gibt es auch etwas zu kritisieren. Im Wesentlichen habe ich zwei Kritikpunkte, die verbesserungswürdig sind.
Das Aufsetzen des Pistolengriffs GH-100 ist denkbar einfach. Leider sieht die Praxis bei mehrmaligen Auf- und Abschrauben anders aus. Da ich davon ausgehe, dass man den Pistolengriff sowieso auf dem Stativ lässt (immerhin passt er aufgeschraubt mit in die Stativtasche) ist diese Kritik sicherlich vernachlässigbar, ich möchte sie aber nicht unerwähnt lassen. Wie bereits gesagt, lässt sich der Pistolengriff einfach aufschrauben, damit ist er aber noch lange nicht fest, denn sobald man den Griff schwenkt, passiert es, dass man den gesamten Griff wieder locker dreht. Daher gibt es, wie im Absatz weiter oben beschrieben, 3 kleine in die Kameraaufsatzplatte eingelassene Imbusschrauben, die mit beigelegtem Imbusschlüssel von unten festgeschraubt werden. Da man beim fest- oder lockerdrehen nicht viel Spiel mit dem Imbusschlüssel hat und man nicht immer sofort die kleinen Schrauben trifft, kann dies bei mehrmaliger Anwendung wirklich in müßige Fummelei ausarten. Grundsätzlich ist der Pistolengriff danach bombenfest, der Zweck wurde erfüllt. Wie das Ganze besser gestaltet werden kann, darüber bin ich mir selber nicht im Klaren.
Die zweite Kritik befasst sich eher mit Sicherheit im Umgang mit der Kamera. Wer ein unachtsamer Mensch ist, sollte weiterlesen. Die Mittelsäule ist ja mit einem gummierten Ring gedämpft, so dass bei versehentlichen Öffnen des Drehverschlusses die Mittelsäule nach unten rast und somit Schaden von der aufgesetzten Kamera abgewendet werden kann. Oben hatte ich das bereits beschrieben. Was ist aber, wenn die Mittelsäule quer gekippt ist, sagen wir auf 90° waagerecht, mit aufgesetzter Kamera und Ihr öffnet versehentlich die ISSL-Arretierung? Schwerkraft lässt grüßen und die Kamera kippt nach unten. Je nachdem, wie groß Eure Kamera ist (Batteriegriff, Zoomobjektiv) stößt die Kamera beim Herabkippen an die Stativbeine. Also immer etwas sorgsam mit der ISSL-Arretierung umgehen oder die Kamera festhalten. Natürlich könnte man das Stativ auch einfach umkippen, dann ist die Kamera auch hin, aber das wäre ja Gewalteinsatz von außerhalb und nicht eine versehentliche Anwendung einer Funktion.
Zum Stativ gehört ein Miniaturwerkzeugset (Imbusschlüssel, Schraubendreher für 3/8″-Schraube) dazu, was ich relativ praktisch finde. Noch praktischer fände ich es, wenn dieses Werkzeugset von der Konstruktion her eine Befestigung am Stativ hätte, wo man es schnell abklipsen könnte und nicht lose mit ‘ner Schnur an einen Drehverschluß hängt, aber das sind wirklich Kleinigkeiten, zumal man das Set nur bei der Befestigung des Pistolengriffs wirklich benötigt.
Die Kritikpunkte habe ich erwähnt, schmälern aber den Gesamteindruck kein bisschen! Das Vanguard Alta Pro 263AGH ist echt ein richtig geiles, robustes Teil mit unheimlich flexiblen und vielseitigen Funktionen. Das (für mich) zusätzliche Gewicht wird deutlich durch Stabilität und Bedienbarkeit ausgewogen. Nie wieder bei Langzeitbelichtungen zittern, weil ein leichter Wind weht und die Kamera auf der Mittelsäule wackelt, das Alta Pro 263AGH steht wie ein Fels in der Brandung. Wer also noch kein Weihnachtsgeschenk hat und noch ein Stativ (mit Kugelkopf) benötigt, sollte zuschlagen.
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